Mitwirkungsverfahren Spenglerturm: unsere Stellungnahme
Die Grünen Münchenstein beteiligen sich am Mitwirkungsverfahren zum Spenglerturm. Wir beantragen insbesondere, dass eine Eigenstromproduktion gemäss den Mustervorschriften errichtet wird, wehren uns gegen eine Ölheizung und äussern uns zum Autoverkehr im Quartier und zur Anzahl Veloparkplätze.
Wir danken dem Gemeinderat für die Möglichkeit, am Mitwirkungsverfahren zur geplanten Erweiterung des Spenglerparks teilzunehmen. Gerne machen wir davon Gebrauch. Grundsätzlich begrüssen wir die entsprechende Arealentwicklung mit Errichtung eines neuen Turms. Wir begrüssen ein damit einhergehendes moderates Wachstum der Gewerbeflächen und der Wohnbevölkerung und eine damit verbundene Weiterentwicklung der Gemeinde. Aus grüner Perspektive ist es uns ein grosses Anliegen, dass wir mit dem bestehenden Boden haushälterisch umgehen, zu den bestehenden Grün- und Freiflächen Sorge tragen und diese nach Möglichkeit sogar noch erweitern oder verbessern können. Aus diesen Überlegungen befürworten wir, dass Projekte zur Weiterentwicklung der Gemeinde sich vorwiegend nach oben richten. Wir finden das vorgeschlagene Projekt aus der Feder von Harry Gugger Studio architektonisch einen gelungenen Wurf, es kann zu Recht als Leuchtturmprojekt betrachtet werden, auf das die Gemeinde Münchenstein stolz sein kann. Zu einem Leuchtturm gehört aber nicht nur eine entsprechende architektonische Gestaltung, zu einem Leuchtturm gehört auch eine fortschrittliche und zukunftsweisende Ausgestaltung im energetischen Bereich: ein Leuchtturm soll schliesslich leuchten, und dazu gehört auch eine eigene Stromerzeugung. Die entsprechende Energie soll gemäss MuKEn 2014 („Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich“) zu einem ansehnlichen Teil an der Anlage selbst produziert werden. Zu Bedenken Anlass geben der motorisierte Parkplatzsuchverkehr rund um dieses Areal, sowie die Heizanlage.
Vorbemerkungen
Wir betrachten die uns zur Verfügung gestellte Zeit zum Erstellen einer Stellungnahme im Mitwirkungsverfahren absolut als zu kurz. Wie wir schon beim Mitwirkungsbericht zur Quartierplanung Dychrain Ost gesehen haben, genügt es eben nicht, das Reglement anzuschauen. Um das Projekt besser verstehen zu können und fundiert Stellung zu nehmen, ist das Studium der anderen Berichte (Umweltverträglichkeitsbericht, Verkehrsgutachten, Planungsbericht, etc.) unerlässlich, auch wenn uns klar ist, dass diese Berichte nicht zur Abstimmung gelangen, sondern „nur“ erläuternden Charakter tragen. Wir haben zum Teil abermals Widersprüche zwischen dem Reglement und den erläuternden Berichten gefunden. Wir bitten den Gemeinderat daher inständig, bei den nächsten Entwicklungsprojekten eine längere Frist zwischen Publikation der Unterlagen und Abgabetermin der Stellungnahme zu gewähren.
Ebenso finden wir es ungeschickt, dieses Projekt zusammen mit anderen gewichtigen Traktanden der Gemeindeversammlung vorzulegen. Angesichts der Grösse und Bedeutung dieses Projektes für die Zukunft Münchensteins ist es unseres Erachtens durchaus angezeigt, dieses Geschäft an einer separaten Gemeindeversammlung vorzulegen, nicht mit anderen Geschäften zusammen. Dazu dient ja der November-Termin, was auch immer der Gemeinderat an diesem Termin traktandieren will.
Zudem bitten wir den Gemeinderat, im entsprechenden Ratschlag den Text des Reglementes zusammen mit dem dazugehörenden Quartierplan auszudrucken. Das Reglement ist ein Text, über den abgestimmt wird. Daher genügt unserer Meinung nach der Hinweis darauf, der Text sei ja im Internet abrufbar, nicht. Für die anderen, erläuternden Berichte ist dieser Hinweis jedoch völlig genügend.
1. Nutzung, Bebauung, Gestaltung und Aussenraum
Wir begrüssen die vorgeschlagenen Nutzungen, sie sind insgesamt eine Chance für die Weiterentwicklung der Gemeinde. Dass mit einer Vergrösserung der Gewerbe- und Wohnflächen die Infrastruktur der Gemeinde mitwachsen muss und sich laufend den neuen Gegebenheiten anzupassen hat, dürfte selbstverständlich sein. Was die Gestaltung des Baus betrifft, so finden wir die Entwicklung des Dreiecks am Boden zum Rechteck in der Höhe eine Idee, die den Bau interessant macht und ihm von verschiedenen Seiten her immer wieder ein anderes Aussehen gibt. Wir begrüssen das ausdrücklich. Zu diesen Paragraphen haben wir nur die folgenden Anträge:
- Dachgestaltung (Paragraph 4, Abs. 7): das Wort „PV-Anlage“ ist auszuschreiben: „Photovoltaikanlage“. Wir haben an der letzten Gemeindeversammlung mit Erstaunen zur Kenntnis nehmen müssen, dass diese Abkürzung einigen Abstimmenden nicht klar war.
Paragraph 4, Abs. 7: „oder als Aufenthaltsbereiche“ ist zu streichen. Gemäss Planungsbericht S.7 ist eine Aussenraumnutzung auf den Dächern der bestehenden Gebäude eher auszuschliessen; insbesondere die Fläche des Daches des Hochhauses dürfte zu gering sein für eine solche Nutzung. Dazu fallen auch die gesetzlich verlangten Sicherheitsvorkehrungen auf einer solchen Höhe ins Gewicht.
Paragraph 6, Abs. 3c: das Wort „vorwiegend“ ist zu streichen. Es sind ausschliesslich einheimische Arten für die Bepflanzung zu verwenden, es handelt sich hier um eine „Muss-“, nicht um eine „Kann-Formulierung“.
Paragraph 6, Abs.3h möchten wir ergänzen: „Beleuchtungsanlagen sind so einzurichten, dass sie den Boden beleuchten und nicht nach oben abstrahlen; nachts sollen sie reduziert werden.“ Es geht uns hier einerseits um die Energieeffizienz, aber vor allem auch um einen Beitrag gegen die Lichtverschmutzung. Es gibt genügend Untersuchungen darüber, wie schädlich die Lichtverschmutzung für unsere natürliche Lebensgrundlage ist.
2. Erschliessung und Parkierung
a) Individueller Motorverkehr:
Die vorgeschlagene Anzahl Parkplätze (533) erachten wir durchaus als genügend. Wir begrüssen es, dass eine bestehende Parkierungsanlage verwendet werden kann und kein neuer Parkraum geschaffen werden muss. Aus der Quartierbevölkerung kommen aber grosse Ängste zum Ausdruck, dass sich der Verkehr im Quartier mit diesem Neubau massiv verstärkt. Diese Ängste sind ernst zu nehmen. Mit den im Umweltverträglichkeitsbericht formulierten Massnahmen lassen sie sich nicht ausräumen. Insbesondere wird der Parkplatzsuchverkehr angesprochen: Da die Dauerparkkarte für Münchensteiner BewohnerInnen nur 30 Franken kostet, ein Parkplatz im bestehenden Parkhaus aber ein Vielfaches davon, ist das Parkieren im Quartier bedeutend attraktiver als ein Parkplatz in der Tiefgarage. Im Umweltverträglichkeitsbericht S. 33, sowie im Verkehrsgutachten S. 13 heisst es: „Aus Sicht der Gemeinde ist es nicht wünschenswert, dass die blaue Zone durch den Neubau zusätzlich beansprucht wird.“ Das Parkieren im Quartier für BewohnerInnen und BesucherInnen des Spenglerareals ist daher zu unterbinden. Unabhängig von diesem Reglement ist daher zu prüfen, ob allenfalls der Preis der Dauerparkkarte für BewohnerInnen Münchensteins erhöht werden müsste, oder ob es Sinn macht, die Gemeinde in verschiedene Zonen aufzuteilen.
Ebenso wird von der Quartierbevölkerung moniert, dass SchülerInnen des Spenglerparks regelmässig in der blauen Zone parkieren und während der Pause kurz ihre Parkscheibe verstellen gehen. Das ist widerrechtliches Parkieren in der blauen Zone, das durch die Ortspolizei strikt zu unterbinden ist. Wir sind uns bewusst, dass dieses Anliegen nicht mit dem bestehenden Quartierreglement gelöst werden kann. Um die Akzeptanz des Projektes bei der Quartierbevölkerung zu steigern, bitten wir den Gemeinderat daher dringlich, die Ortspolizei anzuweisen, rigorose Kontrollen durchzuführen. Auch ob ein Fahrzeug bewegt worden ist oder nicht, kann kontrolliert werden (z.B. Kreidemarkierung auf den Pneus).
Wir beantragen daher:
- Paragraph 7, Abs. 1 wird mit dem Wort „ausschliesslich“ ergänzt: „Die Arealerschliessung durch den motorisierten Individualverkehr erfolgt ausschliesslich ab der Bruderholzstrasse…“
Paragraph 7 ist mit einem neuen Absatz zu versehen: „Für BewohnerInnen, die ein eigenes Motorfahrzeug besitzen, ist die Miete eines privat zugewiesenen Parkplatzes obligatorisch.“
b) Car-Sharing
Im Reglement (Paragraph 7, Abs. 7) werden nur die bestehenden Car-Sharing-Plätze erwähnt. Es genügt jedoch nicht, nur die bestehenden Car-Sharing-Plätze zu erhalten. Da gemäss Verkehrsgutachten S. 18 analog zum Transitlager davon ausgegangen wird, dass 45% der BewohnerInnen kein eigenes Auto besitzen, dürfte die Anzahl Carsharing-Parkplätze für 1 Economy- und 2 Combifahrzeuge für die zusätzliche Anzahl Wohnungen und die gesteigerte Gewerbenutzung kaum ausreichend sein. Wir beantragen daher:
- In der definitiven Fassung des Reglements wird eine Anzahl Carsharing-Plätze festgeschrieben, die zur gegebenen Zeit mit dem entsprechenden Anbieter abzusprechen ist.
c) Veloabstellplätze
Im Reglement Paragraph 7, Abs. 10 wird nur Ort und Gestaltung der Veloabstellplätze festgeschrieben, sowie festgehalten, dass sich die Grösse der Abstellplätze nach der Funktion des jeweiligen Standortes zu richten hat. Über die minimale Gesamtanzahl an Veloabstellplätzen wird im Reglement nichts festgehalten. Wir halten das aber für erforderlich. Daher beantragen wir:
- Für die Wohnungen wird eine Anzahl Veloparkplätze festgeschrieben, die sich nach der VSS-Norm SN 640.065 richtet. In der Regel ist 1 Veloparkplatz pro Zimmer vorzusehen. Die Anordnung der Veloparkplätze richtet sich nach der VSS-Norm 640.066.
Für die Veloparkplätze für die Gewerbenutzungen (Gewerbe, Dienstleistungen, Einkauf, Restaurant, Schulen) sind ebenfalls die entsprechenden geltenden VSS-Normen zu berücksichtigen.
3. Energie
a) Eigenstromproduktion
In Paragraph 4, Abs.7 (Dachgestaltung) ist zwar eine Photovoltaikanlage vorgeschrieben. Da insgesamt die Dachfläche eher gering ist (insbesondere beim Hochhaus) ergibt sich damit jedoch eine eher bescheidene Eigenstromproduktion. So ist für uns die Fassade diesbezüglich zwingend mit einzubeziehen. Wir beantragen, dass sich die Eigenstromproduktion nach den „Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich“ (MuKEn 2014) richtet. Das Modul E dieser Mustervorschriften umschreibt die Anforderung an einen Neubau bezüglich Eigenstromerzeugung wie folgt:
1 Neue Bauten erzeugen einen Teil der von ihnen benötigten Elektrizität selbst.
2 Die Verordnung regelt die Art und Umfang sowie die Befreiungen. Sie berücksichtigt dabei die Energiebezugsfläche als Berechnungsgrundlage für die selbst zu erzeugende Elektrizität.
Die Mindestanforderung der Eigenstromproduktion beträgt gemäss dieser Musterverordnung 10 Watt pro m2 Energiebezugsfläche. Im Kanton BS und anderen Kantonen ist das bereits gesetzlich vorgeschrieben, im Kanton BL ist ein Vorstoss im Landrat dazu hängig (Motion „Eigenstromerzeugung bei Neubauten“ von Erika Eichenberger vom 19.3.2019). Diese Minimalanforderung ist nichts Neues, sie ist nicht revolutionär oder utopisch, geschweige denn nur parteipolitisch motiviert, sie ist seit 2014 schlicht Planungsstandard und sollte daher längst selbstverständlich sein. Um diesen Minimalstandard zu erreichen, ist die zur Verfügung stehende Dachfläche nicht ausreichend, die Fassade ist daher miteinzubeziehen.
In unseren Internet-Recherchen haben wir sogar festgestellt, dass die Firma, welche die Fassade des Grosspeterturms mit Photovoltaikmodulen ausgerüstet hat, in Münchenstein ansässig ist. Das entsprechende Know-How und die technischen Erfahrungen sind also durchaus bereits vor Ort vorhanden; ganz zu schweigen von der Chance, dass damit auch das einheimische Gewerbe gefördert werden kann. Zur Fassadengestaltung sind heute übrigens auch helle PV-Module erhältlich (die Energieausbeute ist im Vergleich zu dunkeln Modulen etwas reduziert). PV-Module können des Weiteren auch bei sich verjüngenden oder unregelmässig ausgebildeten Fassadenflächen relativ leicht integriert werden.
Was die Finanzierung einer solchen Anlage anbetrifft, so geben wir uns mit der Antwort, es rechne sich nicht, nicht zufrieden. Durch die Annahme dieses Quartierplanes durch die Gemeindeversammlung erhält das Areal eine massive Wertsteigerung. In Basel-Stadt wären bisher 50 % (neu 40 %) des Mehrwertes abzuliefern; die von der Gemeinde Münchenstein geforderten 25% des Mehrwertes für Infrastrukturaufgaben sind demgemäss sehr bescheiden. Eine Mehrleistung im Bereich der Eigenstromerzeugung durch die Investoren ist daher durchaus angemessen, zumal es sich dabei nur um einen Planungsstandard und nicht um eine Maximalforderung handelt. Zudem handelt es sich bei diesem Projekt um ein Gebäude, das sehr lange Zeiträume überdauern und nicht, kaum gebaut, schon wieder erneuert, umgebaut oder ergänzt werden sollte. Die Klimaziele des Pariserabkommens sowie der Energiewende in der Schweiz sind daher zwingend jetzt bei Neubauten zu berücksichtigen. Auch wenn der Bau energieeffizient nach Minergie-P-Standard erfolgt, wird der Ausstieg aus Öl und Gas trotzdem zu einem erhöhten Strombedarf führen. Wir beantragen daher:
- ·In Paragraph 8 ist ein neuer Absatz einzufügen: Die Eigenstromproduktion richtet sich nach den „Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich“ (MuKEn 2014).
b) Heizung
Wir sind überrascht, dass im Reglement zwar der Minergie-P-Standard vorgeschrieben wird, ansonsten aber nichts zur Heizanlage gesagt wird. Gemäss Umweltverträglichkeitsbericht (S. 30 und 49) kann die bestehende Holzschnitzelheizung weiterverwendet werden, und durch eine bessere Auslastung stösst sie sogar noch weniger umweltschädigende Abgase aus. Holz ist ein sich erneuernder Rohstoff: solange nur soviel verbraucht wird, wie stets nachwächst, ist er CO2-neutral. Wir begrüssen diese Heizungsart, sie unterstützt auch unsere einheimische Forstwirtschaft. Wir nehmen aber mit Erstaunen zur Kenntnis, dass im Jahre 2016/2017 der mit Heizöl betriebene Spitzenlastkessel doch immerhin 16.5% des Wärmebedarfs beisteuerte (Umweltverträglichkeitsbericht S. 49). Wir halten diesen Wert für sehr hoch und gehen davon aus, dass er mit dem neuen Hochhaus eher noch zunehmen dürfte. Gemäss UVB (ebenfalls S. 49) kann zudem nicht ausgeschlossen werden, dass bei einer Aufstockung des Baubereichs A eine zusätzliche Energiezentrale nötig wird. Auch dazu verweisen wir auf die Langfristigkeit dieses Projektes, auf die Klimaziele des Pariserabkommens und die Ziele der Energiewende. Wir beantragen daher die Ergänzung des Quartierplanreglementes mit folgenden Punkten:
- Zur Abdeckung der Spitzenlast darf kein Erdöl verwendet werden.
- Wenn die Holzschnitzelheizung in Zukunft ersetzt werden muss, so ist diejenige Heizform zu wählen, die zum dannzumaligen Zeitpunkt am wenigsten CO2, NOx und (Russ-)partikel in die Umwelt ausstösst.
Wir danken Ihnen für die Möglichkeit der Mitwirkung, sowie für die Prüfung und Berücksichtigung unserer Anliegen.
Mit freundlichen Grüssen
Im Namen der Grünen Münchenstein
Anton Bischofberger
Präsident